Achtung manche Texte können erschrecken und "triggern"
An meinen Sohn 2006
Nicht berühren noch erreichen
Kannst du mich mit Wort und Hand,
weil der Finger Arme schleichen
durch der Weite Unverstand.
Viel zu kurz ist dein Erfassen,
viel zu hoch dein täglich Blick.
Du durchschreitest Selbstverlassen,
speist die Geier im Genick.
Wesentliches staubt in Ecken,
wird vom Irrtum gut bewacht.
Feigheit schlägt es ein in Decken,
spürt der Nichtigkeiten Macht.
Nichts nützt dir dein leeres Wissen,
bist durch Dogmen fehlgeführt.
Sinnesscheite sind zerrissen,
Arroganz den Schaden schürt.
Stolzer Dünkel ziert die Lippen,
frisst an Eigenlob sich satt.
Noch mal an dem Fettnapf nippen,
täglich Schmieren gibt Rabatt.
Der Natürlichkeit gekündigt,
schmückt dir nun Erfolg dein Haus.
Auch Empfinden ist entmündigt,
denn nichts Spüren zahlt sich aus.
Deine Sätze sind geknebelt.
Schweigen hüllt der Fehler viel.
Menschen werden ausgehebelt,
Köpfe sind der Füße Ziel.
Werden Sprossen deiner Leiter,
jeder Schritt ein neuer Sturz.
Dich zu Stoppen wär’ gescheiter,
doch mein Arm ist viel zu kurz.
Hier im Schoß hast du gesessen,
warst gestillt durch meine Brust.
Heute ernte ich Vergessen
und ertrink in dem Verlust.
Grundsatzwerte die uns trennen,
längst begraben hast du sie.
Doch dein Ich ist am Verbrennen,
flammt in deiner Hierarchie.
Schämend fühl’ ich mich betrogen,
um den hilfsbereiten Sohn.
So hab’ ich dich nicht erzogen.
Sag ist das der Liebe Lohn?
Lauf zur Suche deiner Findung.
Spring zurück in wahres Sein,
zahlbar nur durch Geistentblindung,
nie zuvor warst du so klein.